Meine Großtante
Heute ist ihr Geburtstag.
Ich ertrage es nicht was da passiert.
Es ist schwer!
Ich spreche von meiner Großtante.
Schon früher wusste ich nicht was ich von ihr halten sollte.
Damals als meine Mutter ihr sagte, dass sie schwanger von einem Afrikaner sei, sagte sie:
Naja, ich habe schon 2 Rothaarige in der Familie- Da komm ich auch mit einem Negerbaby klar.
Sie ist blind.
Ich frage mich manchmal ob sie vergessen hat, wie ich aussehe.
Wenn sie einen bei der Hand nimmt,
drückt sie so fest, dass es weh tut.
Klar- sie ist unsicher.
Früher hatte ich immer etwas Angst vor ihr.
Aber da ist diese Erinnerung.
Ich war 4 glaube ich.
Es war Weihnachten.
Ich wollte unbedingt mit der ganzen Familie singen.
Nur sie und ich kannten alle Strophen von Stille Nacht.
Nur sie und ich hatten im selben Monat Geburtstag.
In dem Alter war so was für mich sehr beeindruckend.
Ich saß gerne bei ihr und lies meine Hände quetschen.
Ich habe eine leise Stimme.
Meistens versteht sie mich gar nicht wenn ich rede.
Mittlerweile kann ich es etwas.
Aber wenn ich laut rede klinge ich schnell aggressiv.
Das ist schlecht.
Seit einem Jahr ungefähr hat sie entschieden in ein Altersheim zu gehen.
Ich fand das sehr schlimm-
aber niemand hat Zeit sich immer um sie zu kümmern.
Wir haben uns alles dort angeguckt.
Es schien okay dort.
Das Problem ist,
meine Großtante ist eine schwierige Person.
Sie ist paranoid.
So paranoid, dass sie denkt man sollte einen Ziegelstein auf den Klodeckel legen, damit keine Ratten ins Haus kommen.
Sie hat viele Ängste.
Einfach weil sie zu viel Zeit hat nachzudenken.
Sie hat ihr Leben aufgegeben.
Sie sieht nichts, hört kaum und hat dauerhaft Schmerzen.
Sie will auch nicht versuchen so zu leben.
Sie sitzt oder liegt nur noch.
Wartet darauf, dass etwas passiert.
Sie weint.
Es tut mir weh daran zu denken.
Sie tut mir so leid.
Letztes Mal als wir da waren sah sie so schlimm aus.
Hat gesagt, sie will nur noch sterben.
Ihre Stimme hallt in meinem Kopf
Sie hat lange gearbeitet.
Sich für Kinder und ihre Rechte eingesetzt.
Sie muss eine bewundernswerte Frau sein.
Zu der Zeit habe ich noch nicht gelebt.
Ich kenne sie so nicht.
Ich weiß, dass sie richtig gemein sein kann.
Sie hat mal auf ihrem Geburtstag zur ganzen Familie gesagt:
Wenn ich mal sterbe, vererbe ich euch allen mein Geld.
Außer dir! Du bekommst nichts.
Sie meinte meine Oma.
Sie hat meine Oma nie sonderlich gemocht.
Ziemlich gemein so was vor allen zu sagen.
Heute waren wir bei meiner Oma.
Nicht bei ihr.
Mich quält mein Gewissen sie nicht besucht zu haben.
An ihrem Geburtstag.
Den ganzen Tag wird sie nichts getan haben.
Vielleicht haben sie ein paar Leute besucht.
Sie kennt viele Leute.
Aber das Gefühl von der Familie vergessen worden zu sein?
Sie tut mir so leid.
Ich konnte sie nicht besuchen.
Ich halte es da nicht aus.
Es ist schrecklich. Etwas das mich beschäftigt.
Mittlerweile mögen die Pfleger sie nicht mehr.
Sind nicht sonderlich nett.
Man kann nicht mit ihr reden.
Ich schon gar nicht. Ich kenne sie ja kaum.
Aber ich habe sie lieb.
Ich hab ihr das mal gesagt.
Das war gut. Sie hat sich wirklich gefreut.
Ich sage so was normalerweise auch nicht.
Ich hätte sie ja besucht.
Aber so was geht mir sehr nah.
Letztes Mal ist mir so schwindelig geworden, dass ich beinahe umgekippt wäre.
Wenn ich daran denke kommen mir die Tränen.
Ich weiß nicht warum.
Eigentlich sollte ich versuchen etwas zu ändern.
Ihr Leben verschönern, dass es ihr besser geht.
Aber ich kann nicht.
Und alleine schon gar nicht.
Ich würde auch gar nicht dort hin kommen ohne Auto.
Aber es war ihr Geburtstag.
Dass wir sonst so selten da sind ist ja schon nicht gut.
Aber jetzt kommt es mir schlimmer vor.
Jetzt gerade fühle ich mich schrecklich.
Ich weiß nicht, warum gerade ihr so etwas passiert.
Ich meine ist das Schicksal?
Sie hat es nicht verdient, dass es ihr so schlecht geht.
Niemand hat das verdient.
Ich kann nicht damit umgehen.
Und das macht mich verrückt.
Ich will nicht.
Es ist so schlimm.
Es gibt Tage an denen fällt sie mir immer wieder ein.
Es verfolgt mich.
Es ist wie ein Geheimnis ,das einen immer wieder einholt.
Nur dass sie eigentlich kein Geheimnis ist.
Es redet nur niemand gerne darüber.
Ich fühle mich so furchtbar deswegen.
Ich denke mir, wenn ich sie besuchen würde,
würde ich mich besser fühlen.
Ich glaube das stimmt nicht.
Noch mehr Erinnerungen, die mich beschäftigen.
Ein noch schlechteres Gewissen.
Und ich glaube ihr würde es auch nicht besser gehen.
Ich würde sie gern anrufen.
Aber das geht nicht. Sie hasst telefonieren.
Ich würde gerne wissen was ich machen soll.
Es fühlt sich an als würden alle Möglichkeiten nichts ändern.
Ich würde mich schlechter fühlen. Und sie sich nicht besser.
Ich werde mit jemandem reden.
Wahrscheinlich ist das eine Hilfe.
Ich weiß nicht.
Ich habe so Angst.
Ich kann nicht mehr schreiben.
Ich glaube das alles ist eh zu persönlich.
Warum schreibe ich überhaupt.
Und so viel!
Aus Verzweiflung wahrscheinlich.
Ich hör auf.
Gute Nacht
wallflowerx am 08. September 13
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2 Kommentare
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das tut mir leid zu lesen. wenn du reden willst ich bin da. egal was dir auf dem herzen liegt offt ist es leichter mit jemandem fremden zu sprechen. ich würde dir so gerne helfen. sag bescheid wenn du mich brauchst okay.! ich werde da sein.
Danke schön. Das ist lieb von dir :)
Ich hab heute mit meiner Mutter geredet und ihr geht es ähnlich wie mir. Wie besuchen sie demnächst. Ich glaub das ist gut. Aber Danke! Ist immer gut zu wissen, dass man mit jemandem reden kann.